Selbstbau Raman Spektrometer
Vor einiger Zeit bin ich auf einen Artikel gestoßen der die Funktion eines sog. "Raman Spektrometers" beschrieb.
Das ist ein Gerät mit dem sich viele feste oder flüssige Proben zerstörungsfrei auf ihre chemische Zusammensetzung untersuchen lassen.
Ich habe zwar keine wirkliche Anwendung für so ein Gerät, außer reiner Spielerei, aber ich fand den Effekt interessant.
Und nachdem ich einige der benötigten Komponenten bereits für die Astro-Fotografie angeschafft hatte habe ich mal versucht so ein
Gerät aufzubauen.
Mein Spektrometer mit geöffneten Deckeln
Die theoretische Funktionsweise
(Nach meinem Verständnis)
Man bestrahlt eine Probe mit Licht einer einzigen Wellenlänge.
Also mit lauter Photonen der gleichen Energie. Am einfachsten geht das mit einem Laser.
99.9 % der Photonen verlassen die Probe wieder unverändert.
Je nach Probe durchdringen sie die Probe, werden an der Oberfläche reflektiert, oder gestreut.
Jedoch verändert sich ihre Wellenlänge normalerweise nicht.
Das ist auch unabhängig von der Farbe der Probe.
Ein kleiner Teil der Photonen regt jedoch die Probenmoleküle zu bestimmten Schwingungen an.
Je nach Molekül sind unterschiedliche Schwingungen möglich.
Und jede Schwingung benötigt eine ganz bestimmte, charakteristische Energiemenge.
Genau diese Energiemenge geht diesen Photonen verloren, da sie im Molekül vorerst zurück bleibt.
Wird die verbleibenden Restenergie wieder als Photon abgestrahlt, haben diese eine längere Wellenlänge (da ja jetzt weniger Energie)
und damit eine andere Farbe als vorher. Und zwar in Richtung rot verschoben.
Das ist die Raman-Streuung.
Mann kennt das aus dem Alltag nicht weil sie viel schwächer ist als die restliche Strahlung und so von dieser überdeckt wird.
Mann kann jetzt die ursprüngliche Wellenlänge ausfiltern, aber auch dann dürfte die Raman-Streuung zu schwach sein für das Menschliche Auge.
Mit einer empfindlichen Kamera kann man sie jedoch aufnehmen.
Die Farbe des verwendeten Lasers ist im Prinzip egal.
Die Wellenlänge des Raman-Lichtes ist immer relative verschoben zur Wellenlänge des verwendeten Lasers.
Also nicht etwa konstant, wie z.B. Emissionslinien in einem angeregten Gas.
Aus diesem Grund ist es nicht sinnvoll Raman-Spektren mit Wellenlänge in Nanometer zu beschriften da die x-Achse eigentlich die Verschiebung
der Wellenlänge beschreibt.
Genauer gesagt: "Die Verschiebung der Anzahl der Wellen pro cm."
Sehr viele Substanzen zeigen ein Raman-Spektrum.
Jedoch nicht alle. Manche nur sehr schwach, oder gar nicht.
Nicht verwechseln werden sollte der Effekt mit "Fluoreszenz".
Diese tritt leider auch oft auf. Auch hier sind die Wellenlängen die in der Probe entstehen anders als die Wellenlänge des anregenden Lasers.
Können also nicht einfach ausgefiltert werden.
Fluoreszenz ist aber hier unerwünscht da sie oft relative breite und unscharfe Spektren hat ist sie wohl schwerer
einer Substanz zuzuordnen als die Raman Spektren.
Außerdem ist sie oft viel stärker als das Raman-Spektrum und wirkt somit sehr störend.
Ich hoffe ich habe es damit einigermaßen getroffen.
Wer es genauer wissen will kann es hier nachlesen: Wikipedia Raman-Spektroskopie
Praktischer Nutzen des Effektes
-
Jedes Molekül erzeugt ein, für sich spezifisches, Spektrum. Ist das Spektrum bekannt, z.B. in einer Stoff-Datenbank kann damit eine Substanz identifiziert werden.
-
Durch die Höhe des Spektrums kann auf einem kalibrierten Gerät auch der Mengenanteil einer Substanz in einer Probe bestimmt werden.
-
Auch ohne große Datenbank können die Spektren zweier Proben direkt miteinander verglichen werden um zu prüfen ob die Proben identisch sind.
-
Oder eine Probe aus einem Gemisch, mit den Spektren der vermutlich enthaltenen Reinstoffe die man jeweils separat aufnehmen kann.
-
Außerdem gibt es Bereiche im Spektrum die charakteristisch sind für bestimmte Bindungsarten in Molekülen.
So kann durch bestimmte Peaks im Spektrum auf das Vorhandensein bestimmter Bindungen in der Probe geschlossen werden, auch wenn die Substanz nicht aus einer Datenbank bekannt ist.
Ein Problem sind wohl komplexe Gemische da sich die Spektren dann überlagern.
Aufbau des Gerätes
Spektrometer Strahlengang
Im Bild oben ist der schematische Strahlengang eingezeichnet.
Der Strahl eines grünen 4 mW Diodenlaser(632 nm) durchläuft einen Vorfilter mit 3 nm Halbwertbreite.
Dann tritt der Strahl, von hinten, durch eine kleine Bohrung durch einen Spiegel und trifft auf ein 10 X Mikroskop-Objektiv.
Im Fokus des Objektives steht die Probe.
Die im Fokus entstehende Raman-Streuung wird von dort in alle Richtungen abgestrahlt (Orange Linien).
Ein Teil davon trifft damit auch durch das Objektiv zurück und fällt auf den Spiegel.
Im Gegensatz zum Laser ist diese Strahlung divergent und nur ein kleiner Teil geht durch die Bohrung des Spiegels verloren.
Der größere Teil wird in Richtung Spalt reflektiert.
Eine Korrektur-Linse fokussiert den Strahl auf den Spalt.
Und ein Orange-Filter blockiert die Wellenlänge des Lasers und lässt damit nur die Raman-Streuung durch.
Hinter dem Spalt steht ein konkaves Gitter mit ca. 2000 Linien/mm
Das Gitter spaltet das Licht in ein Linienspektrum auf und bildet es auf dem CCD-Sensor der Kamera ab.
Die Kamera hat einen gekühlten Sensor und ist somit für sehr schwache Signale und längere Belichtungszeiten geeignet.
Einige Konstruktionsdetails
Spiegel mit Bohrung in der Mitte
Im rechten Block ist der Laser befestigt.
Davor der 3 nm Schmalbandfilter um Verunreinigungen im Laserlicht zu beseitigen.
In der Bildmitte der Umlenkspiegel mit mittiger Bohrung.
Im linken Block ist das Mikroskop-Objektiv befestigt.
Links vorne die Korrektur-Linse.
Alle Teile außer dem Filter sind durch Justierschrauben an der Bodenplatte befestigt und lassen sich in alle Richtungen verstellen.
Orange-Filter
In der Bildmitte ist der Orange-Filter zu sehen der vor allem das zurück gestreute grüne Laser-Licht blockieren soll.
Links vorne das Mikroskop-Objektiv. (Davor kommt die Probe)
Rechts hinten die Kamera.
Der optische Spalt
Der optische Spalt (Links der Bildmitte im rechteckigen Ausschnitt) mit Fokussier-Schraube (links).
CCD-Sensor rechts, und Fokussier-Schrauben der Kamera.
Optischer Spalt Schieber
Der Spalt lässt sich auswechseln.
Abgebildet ist ein Einsatz mit 200 um Breite.
Ich habe zwei Stücke einer Rasierklinge unter dem Mikroskop auf ein Trägerblech gelötet und bei der Arbeit einen 0.2 mm
Kupferlack-Draht als "Abstandslehre" verwendet.
Gitter
Das Bild zeigt das konkave Gitter mit Justierschraube zum seitlichen schwenken (links) und vertikalen schwenken (hinten unsichtbar).
Es hat wohl ca. 2000 Linien/mm. Leider hatte ich keine genauen Daten, was aber nicht so schlimm ist da man das Gerät mit Testspektren kalibrieren kann.
Die beste Abbildung bekommen ich wenn Spalt, Gitter und CCD-Sensor auf einem gemeinsamen Kreis von ca. 100 mm. liegen.
Da der CCD-Sensor nur 16 x 16 mm Fläche hat ist das so entstehende Spektrum schon fast etwas lang für den Sensor.
Der Wellenzahl-Bereich von 0 bis 3500 1-cm lässt sich aber immerhin als ganzes abbilden.
Um den Bereich zu erweitern könnte man das Gitter noch schwenken.
Spektrum im Sonnenlicht.
Um einen Eindruck vom Spektrum zu vermitteln:
Am Boden ist das Farbspektrum zu sehen wenn das Gitter vom Sonnenlicht bestrahlt wir.
Links vorne die "Schublade" für den Spalt.
Probenhalter
Ein neuer Probenhalter den ich allerdings erst noch matt schwarz streichen muss.
Das geschlossene Gerät von oben
Grenzen des Gerätes
Theoretisch lässt sich wohl sehr vieles mit Raman-Spektroskopie untersuchen. Aber ich habe, wenigstens bei meinem Gerät, einige Grenzen festgestellt
die möglicherweise bei Professionellen Geräten nicht, oder nicht so stark vorhanden sind.
-
Ich denke es ist nicht möglich komplexe Gemische zu untersuchen. Und schon gar nicht wenn man nicht weiß was drin sein kann.
Zwei oder drei Komponenten (abhängig davon wie weit sich die Spektren gegenseitig verdecken) sind wohl möglich.
-
An Spuren-Analyse ist (bei mir) nicht zu denken. z.B. bei weniger als 5 % Ethanol in Wasser wird es schon schwierig.
-
Das größte Hindernis ist Fluoreszenz. Viele Proben fluoreszieren.
Das heißt, die Spektren sind überlagert von oft sehr breitbandigen, unspezifischen Aufhellungen.
Bei schwacher Fluoreszenz kann die Nulllinie rechnerisch korrigiert werden.
Doch leider ist dieser Effekt oft so stark dass die Raman-Spektren davon vollkommen überdeckt werden.
z.B. scheint das Lignin in Holz und vielen Pflanzenfasern bei dem von mir verwendeten grünen Laser (532nm) so stark zu fluoreszieren dass
ich nichts untersuchen kann in dem auch nur winzige Spuren von Holzfasern enthalten sind. Umgehen kann man das Problem wohl indem man
einen roten, oder besser, IR-Laser verwendet. Allerdings bräuchte man dann eine Kamera für den IR-Bereich. Und außerdem wird der Raman-Effekt
mit längerer Wellenlänge schwächer (mit ~ 1/lambda^4) Also braucht man auch einen stärkeren Laser.
Also einen starken IR-Laser (also unsichtbar), professionelle Geräte haben das wohl. Aber für einen Selbstbau wäre mir das zu gefährlich und deshalb
keine Option für mich.
-
Mann kann wohl auch Mineralien damit untersuchen. Nur haben die wohl oft eine sehr geringe Raman-Shift die ich derzeit mit meinem
Longpass-Filter (Orange) nicht sehen kann da der nicht knapp genug nach den 532 nm des Lasers aufmacht.
Einige Spektren
Spektrum Essig
Das Spektrum von Essig (4 Minuten belichtet) wie es auf der CCD-Kamera abgebildet wird.
Die vertikale helle Linie ganz links am Rand ist der Rest vom Laser der durch den Orange-Filter leicht durchscheint.
Scheinbar auch mit leichten Reflektionen, was aber nicht weiter stört.
Hier ist jedenfalls der Nullpunkt der Raman-Shift Skala.
Der dunkle Bereich links ist der Bereich in dem mein Orange-Filter zu spät öffnet (ca. 0..500 1-cm) und den ich deshalb nicht nutzen kann.
Die restlichen vertikalen Linien sind dann das Spektrum des Essig.
Spektrum Silikonöl
Spektrum Teelicht
Spektrum Ethanol
Ethanol als Kurve
Weitere Spektren (Link)
Falls Sie interessiert sind so eine Gerät nach zu bauen
-
Wenn Sie wirklich eine Anwendung für so eine Gerät haben dann wäre es vermutlich besser ein Gerät zu kaufen mit dem Sie auch verlässliche
und belegbare Messergebnisse bekommen, es sei-denn Sie wissen genau was Sie tun. Allerdings brauchen Sie dann meinen Artikel nicht.
-
Um Frust zu vermeiden: Offensichtlich ist es möglich mit einem "Einigermaßen soliden" mechanischen Aufbau ein funktionierendes Gerät zu bekommen.
Jedoch würde ich mir von losen offenen Aufbauten nicht viel versprechen, denn die Optik muss doch relativ genau justiert sein damit es
funktioniert. Und da der Raman-Effekt um viele tausendmal schwächer ist als der Laser, muss das ganze auch recht gut vor Licht geschützt sein.
Der Laser darf nicht nach außen dringen, und es darf absolut kein Umgebungslicht auf den Aufbau fallen sonst funktioniert es nicht.
-
Die hier verwendete Kamera hat einen gekühlten Sensor und ist eigentlich für Astro-Fotografie gedacht.
Solche Kameras sind leider relativ teuer.
Meine ersten Versuche habe ich mit einer normalen Spiegelreflex-Kamera gemacht (Canon EOS 450D) und mehreren Minuten Belichtungszeit.
Das hat auch schon funktioniert. Die Spektren waren allerdings schwächer und relativ verrauscht.
-
Und Sie brauchen auf jeden Fall eine geeignete Laser-Schutzbrille !
Aber eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Auch bei dem hier verwendeten Laser mit "nur" 4 mW
Offenbar reicht das um das Auge zu verletzen und Reflexionen auf metallischen Oberflächen
z.B. Werkzeug sind extrem unberechenbar und unglaublich schnell im gesamten Raum unterwegs.
Außerdem muss der ganze Aufbau sowieso genau justiert werden.
Und dazu muss man an mehreren Stellen direkt in den Lichtfleck schauen.
Auch auch wenn da im Idealfall bei 4 mW und einer matten Projektionsfläche nichts passieren sollte,
aber man sieht ohne Schutzbrille nicht genau wo die Mitte und der Fokus ist weil das Streulicht alles überstrahlt.
D.h. an der Anschaffung einer Schutzbrille führt wirklich kein Weg vorbei...
-
Mein Aufbau hat einen zusätzlichen Schalter der den Laser automatisch abschaltet wenn man den Deckel öffnet.
Im Prinzip strahlt der Laser zwar nicht nach oben, jedoch bei festen unregelmäßigen Proben wären theoretisch Reflexionen möglich.
-
Noch eine Anmerkung zu grünen Diodenlasern:
Grüne DPSS Laser erzeugen zuerst Infrarot mit etwas über 800 nm.
Daraus dann z.B. 1064 nm die in einem dritten Schritt auf 532 nm herunter geteilt werden.
Und es gibt wohl billige Module die auch einen erheblichen Anteil der originalen IR emittieren.
Also sowohl bei 800 nm als auch bei 1064 nm.
Angeblich sogar solche bei denen der IR-Teil stärker als der sichtbare ist.
Das ist deshalb besonders gefährlich weil man es nicht bemerkt, und weil es Schutzbrillen gibt die zwar die 532 nm, jedoch nicht den IR-Teil blockieren.
Und auch optische Bandpass-Filter, die im sichtbaren rot blockieren, müssen das nicht zwangsweise auch im IR auch tun.
Da wäre dann ein Datenblatt gut.
Theoretisch kann man die Wirksamkeit eines Filters mit manchen CCD-Kameras, Webcams, oder Smartphone Kameras überprüfen.
Allerdings muss man dann erst mal prüfen ob die Kamera überhaupt bei 800 / 1064 nm empfindlich ist.
Je billiger die Kamera, desto besser ist die Chance dass es geht.
Die teilweise im Netz empfohlenen Methode das mit einer IR-Fernbedienung zu testen erscheint mir jedoch unzuverlässig da es auch IR-Sende-Dioden unter 900 nm gibt.
Und eine Kamera die 850 nm sehen kann muss nicht zwangsläufig 1064 nm auch noch sehen.
Allerdings wenn eine Kamera den Laser durch die Schutzbrille oder Filter stark sehen kann, und das Auge nicht, dann ist das vermutlich immer schlecht.
-
Bitte Informieren Sie sich über die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und Vorschriften für den Umgang mit Lasern und dessen elektrischer Versorgung.
Und wenn Sie sich nicht sicher sind sollten Sie vermutlich besser auf einen Nachbau verzichten.
Hinweis:
-
Ich kann leider keine Proben im Auftrag untersuchen.
-
Keine Bauteile liefern
-
Und auch keine Geräte im Auftrag bauen.
-
Fragen zu meinem Aufbau beantworte ich aber gerne.
Startseite
Kontakt, Impressum